Starzach
Perfekte Premiere am perfekten Platz
Schwarzwälder-Bote, 20.09.2015
von Jürgen Lück
Die Premiere von Jedermann im Künstlerhaus Eleven – bemerkenswert, ergreifend, gelungen. Und genau am richtigen Platz.
Bürgermeister Thomas Noé, der die Künstler Monika Golla und Frank Fierke in die ehemalige Werkrealschule geholt hatte und am Samstag zum ersten Mal Theater in der Mehrzweckhalle der Schule genießen durfte:
"In ein paar Tagen ziehen hier nebenan Flüchtlinge ins ehemalige Lehrerhaus ein. Bitte helfen Sie uns, dass wir die Kernaussage des Stückes dabei mitnehmen können."
Was damit gemeint war, brachte das Ensemble der "Chamäleon Theaterwelten" von Doro Jakubowski dann eindrucksvoll in die scheinbar nüchterne Atmosphäre der Mehrzweckhalle:
Grauer Vorhang hinten, der rote Schmale an der Seite bildete den Rahmen. Am linken war noch das weiße Ballfangnetz zu sehen...
Doch der weiße Tisch, der vorher immer nur Open-Air, beispielsweise auf dem Horber Marktplatz, den optisch ruhenden Pol darstellte, rundete in der Mehrzweckhalle das abstrakte Bild ab und vermittelte gleichzeitig eine feierliche Atmosphäre.
Und Jedermann (Andreas Schnell), seine "Freunde" und der Mammon wechselten geschickt von der Bühne auf den Turnhallenboden davor – und zogen durch ihr intensives Spiel die Zuschauer komplett in ihren Bann. Während des kompletten Stückes war die Konzentration des Publikums auf das Spiel und das Stück zu spüren – es war mucksmäuschenstill.
Und als der Teufel auf der Bühne dann seinen Ärger rausgelassen hatte, dass Jedermann mit seiner komplett materiellen Einstellung dann doch zum Glauben gefunden hatte, belohnten die Zuschauer dann das Ensemble mit minutenlangem Applaus. Kein Wunder, dass Regisseurin Doro Jakubowski strahlte: "Die Premiere des Stückes in einer Halle ist gelungen. Es war eine sehr dichte Atmosphäre."
Bürgermeister Noé: "Ich hätte nicht erwartet, dass die Mehrzweckhalle als Theaterbühne sehr, sehr gut funktioniert. Es ist toll, dass die Inszenierung so angenommen wurde." Der Gemeinderat hatte sich einstimmig in einer vertraulichen Abstimmung für das Künstlerhaus in der alten Werkrealschule Börstingen ausgesprochen. Mitglied Alfredo Vela: "Diese Aufführung hat mir sehr gut gefallen. Sie zeigt, dass es gut war, die Schule zwei Künstlern zur Verfügung zu stellen. Das ist eine Riesen-Chance für Starzach, wie wir auch heute sehen durften."
Faszinierend: Nicht nur Starzacher Publikum kam ins Künstlerhaus Eleven, sondern der "Jedermann" lockte auch Balinger nach Börstingen.
Eduard Maas, dort Leiter der Hospizgruppe, war mit Gattin und Enkelin Chiara (11) gekommen. Und sogar die jüngste Zuschauerin war begeistert: "Es war einfach toll." Großvater Maas: "Wir haben uns gedacht: In Salzburg kostet ein Jedermann-Ticket mit Hotel 1200 Euro – da haben wir uns gedacht, wir gehen nach Börstingen. Kunst so erleben zu dürfen, das nötigt mir Respekt ab."
Und auch Jedermann-Schauspieler Andreas Schnell lobte das Publikum: "Es war sehr gut dabei."
Und was sagt Monika Golla zur Theaterpremiere in Börstingen? Die ehemalige Künstlerhaus-Bewohnerin von Horb: "Ich bin froh, dass es so gut hier gelaufen ist. Das Publikum wirkt glücklich und zufrieden." Für sie war es die letzte Vorstellung als Jedermann-Schauspielerin, denn will sie sich mit Frank Fierke darauf konzentrieren, das Künstlerhaus in Börstingen weiter voranzubringen. Die Aufführung des Jedermann in der Mehrzweckhalle hat gezeigt: Genug neugieriges, anspruchsvolles und offenes Publikum ist vorhanden. Auch in Starzach.