Stadtmusikanten tanzen im Burggarten
Schwarzwälder Bote Horb 04.09.2016
von Peter Morlok
Fröhliche Akteure inmitten ihrer Zuschauer: Beim Theaterspaziergang im Horber Burggarten ging’s mit den Bremer Stadtmusikanten tierisch zu.


Fotos: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote
Die "Bremer Stadtmusikanten" sind – zumindest in Deutschland – eine der bekanntesten Bands. Die "Bremer Stadtmusikanten", das waren im Märchen der Gebrüder Grimm vier Tiere, die mit ihrem Gesang und Geschrei eine ganze Räuberbande in die Flucht schlugen.
In ihrer Adaption der Grimmschen Tierfabel hat das Theater Chamaeleon Theaterwelten die vier Hauptdarsteller aus dem Märchen – den Esel, den Hund, die Katze und den Hahn – in ganz neue Rollen gepackt und ihnen ein etwas neuzeitlicheres Gewand angezogen. Der Horber Burggarten wurde zur Freilichtbühne. Witz, Aktuelles und ganz viel Liebe zum Detail kamen beim samstäglichen Theaterspaziergang wirklich nicht zu kurz. Im Wesentlichen geht es bei der Geschichte darum, unter dem Motto "Gemeinsam sind wir stark" in einer vermeintlich ausweglosen Situation neue Wege zu suchen und zu finden.
Freundschaft, Abenteuer, Heimatsuche, Stärkung des Selbstbewusstseins, Wertschätzung des anderen und die Fantasie, das sind die Basiselemente, die in der Botschaft der "Bremer Stadtmusikanten" versteckt sind. Andreas Schnell, einem breiten Horber Publikum bestens aus seiner Paraderolle als "Jedermann" bekannt, führte bei dieser Inszenierung Regie. Er hatte den Text und die Zeit, in der das Stück spielt, zwar etwas in Richtung Neuzeit verlegt, dabei aber die Story und das Grundgerüst der ursprünglichen Geschichte nicht verlassen.
Korbinian, der treue, arbeitsame und immer quasselnde Esel, wird von seinem Bauern viel zu früh auf sein Altenteil gesetzt. Er soll seine restlichen Tage auf einem Gnadenhof verbringen, denn ein Traktor wird ab sofort seine Arbeit tun. Auf dem Altenteil angekommen, wird dem armen Korbinian ganz schnell klar, dass das nix für ihn ist. Denn ohne eine Aufgabe ist ihm das Leben zu langweilig. "Ich bin viel zu jung um alt zu sein – ich will nicht nichts tun." Er besinnt sich seiner sonstigen Qualitäten und macht sich auf die Reise in die große Stadt Bremen, um sein Können als Sänger und Musikant bei einer Casting-Show unter Beweis zu stellen. Obwohl er singt wie eine leere Heukiste, will er dort sein Glück versuchen und ein großer Star werden. Frohgemut und siegessicher macht er sich auf den Weg. Er bleibt aber nicht lange allein. Bald gesellt sich Konrad, ein Jagdhund, zu ihm, für den es zum Jagen nichts mehr gibt.
Gelungene Dialoge, detailverliebt zusammengestellte Requisiten und charmant-witziges Spiel
Madame Chantal, eine berühmte Varietékatze, deren Zirkus verkauft wurde und die deshalb im Burgstall lebt, wird von Konrad aus ihrem Versteck aufgescheucht und schließt sich nach anfänglichen Schwierigkeiten den beiden an.
Zuletzt trifft das Trio auf den imposanten Hahn namens Juan, der sich zu Höherem geboren fühlt als nur zu krähen, und der es leid ist, für sein pflichtbewusstes morgendliches Wecken zum Lohn nur Schimpfe zu bekommen. Und gemeinsam machen sich die vier auf die abenteuerliche Reise zu einem besseren Leben.
Begleitet wurden sie dabei von einer Schar Theater-Besucher, die sich diesen Beitrag des großen Horber Sommerferien-Programms nicht entgehen lassen wollten. Kinder und Erwachsene gleichermaßen machten sich mit Esel, Hund, Katze und Hahn auf den Weg durch eine der schönsten Ecken Horbs, dem Burggarten, und tauchten in die wunderbare Welt der Märchen und des Theaters ein. Dafür, dass sie ihre Sitzbänke selbst durch die Gegend tragen mussten, wurden sie mit wunderbaren Dialogen, ganz detailverliebt zusammengestellten Requisiten, mit großartigem Spiel und ganz viel charmantem Witz unterhalten.
Allein der Oberst Beinreich, ein in die Jahre gekommener Hund, der im Altersheim der Tiere das Kommando hat, war mehr als sehenswert, und nette Wortgeplänkel gaben dem Spiel einen aktuellen Anstrich. Zum Beispiel: "Ich kann doch gar nicht singen", so der Hund, worauf der Esel antwortet: "Das macht doch nichts. Ich kenne einen Biber, der kann auch nicht singen, macht es trotzdem und kriegt noch Mords Kohle dafür."
Insgesamt war es nicht nur für die Kinder, die begeistert mitgingen, sondern auch für die Erwachsenen eine unterhaltsame Stunde.
Es war eine schöne Ablenkung vom Alltag, die von Clara Cazzanelli (Hahn), Dorothee Jakubowski (Katze), Swen Richter (Hund und Oberst), Ferdinand Rother (Esel) und Andreas Schnell (Bauer) sehr professionell auf die Naturbühne gebracht wurde.