Sulz-Glatt
"Jedermann" sucht Lebenssinn
Mysterienspiel | Menschliches und Monetäres trifft aufeinander
Schwarzwälder Bote Sulz, 28.08.2017
Von Hanni Vollmer
Beinahe knistert es vor Erotik, als Jedermann und seine Geliebte Buhlschaft sich in den Armen liegen.
Jedermann (Zweiter von links) lebt in Saus und Braus, bis er vor dem göttlichen Gericht landet.
Fotos: Vollmer Foto: Schwarzwälder-Bote
Eine herrlich erfrischende, entstaubte Umsetzung des bekannten literarischen Mysterienspiels "Jedermann" von Hugo von Hofmannsthal präsentierte "das chamaeleon" im sommerlich warmen Schlosshof. Der Ort der Aufführung ist geradezu geschaffen für eine solche Inszenierung. Zudem konnte das Publikum die Schauspieler hautnah erleben.
In der neuzeitlichen Inszenierung von Dorothee Jakubowski, die sich insbesondere auf das Aufeinandertreffen von herzlich-menschlichen und kalt-monetären Werten konzentriert, fehlten weder die digitale Kommunikation über Smartphones und Whatsapp-Nachrichten noch die schicke gegenwärtige Kleidung.
Die bildhafte Wortkunst Hofmannsthals wurde dagegen übernommen. Die Fragen von damals bleiben heute und morgen dieselben, denn "Jedermänner" wird es immer geben. Wie und wofür lohnt es sich zu leben? Für Geld und Macht? Für inneren Frieden und die Liebe? Was bleibt, wenn nichts mehr bleibt im letzten Augenblick?
Das Leben und Sterben des reichen Mannes Jedermann steht im Fokus des Stücks. Gott erkennt, dass sich die Menschen von ihm abwenden und will bei dem reichen Herrn Jedermann ein Exempel statuieren. Dieser soll vor das göttliche Gericht gebracht werden, kann sich jedoch vorbereiten. Dafür hofft er auf Unterstützung aus seinem Umfeld.
Textsicher und schauspielerisch hervorragend unterhielten die Akteure ihre Zuschauer.
Wenn Jedermann (Andrejas Schnell) und seine Geliebte "Buhlschaft" (Rosa Maria Paz) sich in den Armen lagen, knisterte es geradezu vor Erotik. In ihrem schulterfreien roten Glitzerkleid umgarnt sie Jedermann mit mädchenhaftem, doch laszivem Charme.
Jedermann lebt in Saus und Braus. Das begeistert auch seinen Vetter (Swen Richter). Erbarmen kennt Jedermann dagegen nicht. Die Sorgen seiner Mutter (Monika Bugala) weist er zurück, hat er doch seine Freunde. Doch die lassen ihn alle im Stich, keiner will den Weg ohne Wiederkehr zusammen mit ihm gehen.
Sogar Mammon, besonders ruppig und herrschsüchtig von Dorothee Jakuboswki gespielt, lacht ihn aus. Zu sehr fürchten sie alle den Tod (beeindruckend von Dorothee Jakubowski verkörpert).
Dann dringt eine schwache Stimme der Hoffnung zu ihm durch. Er hört seine "guten Werke", die noch als einzige zu ihm halten.
Rosa Maria Paz gab dieser Rolle große Ausdruckskraft.Diese waren jedoch zu schwach, um die Seele von Jedermann vor dem Zugriff des Teufels, in dessen kalte Rolle Swen Richter großartig schlüpfte, zu retten.
Gemeinsam mit ihrer Schwester, dem "Glauben", der von Magdalena Rau in erhabener Ruhe dargestellt wurde, schafften sie das fast Hoffnungslose. Jedermann wurde bekehrt und konnte mit den "guten Taten" vor Gottes Gericht treten, so dass der Teufel am Ende verlor.