Ellwangen
Bewegende Theater-Aufführung zum 25.Jubiläum des Ellwangers Hospizdienstes
Schwäbische.de 24.01.2022
von Petra Rapp-Neumann
Schauspielerin Dorothee Jakubowski beeindruckt nachhaltig in Tina Brüggemanns Inszenierung von „Oskar und die Dame in Rosa“.
In diesem Jahr wird der Ambulante Ökumenische Hospizdienst Ellwangen 25 Jahre alt. Das soll mit einer Reihe von Veranstaltungen gefeiert werden. Zum Auftakt hat auf Einladung von Barbara Sittler, der Koordinatorin des Hospizdienstes, das Theater der Stadt Aalen das Stück „Oskar und die Dame in Rosa“ von Eric-Emmanuel Schmitt im Speratushaus aufgeführt.
In der einfühlsamen Inszenierung der stellvertretenden Intendantin Tina Brüggemann hat Schauspielerin Dorothee Jakubowski tief beeindruckt und gezeigt, dass neben Trauer und Schmerz auch Lachen und Humor Raum in der Sterbebegleitung haben und haben müssen.
Es ist eine Geschichte, wie sie trauriger und berührender nicht sein könnte:
Der zehnjährige Oskar hat Leukämie und weiß, dass er bald sterben wird. Auch seine Eltern wissen das. Hilflos flüchten sie sich in Alltagsbanalitäten. Nur Madame Rosa, eine taffe ehemalige Catcherin, die Kinder im Krankenhaus besucht, hat den Mut, mit dem kleinen Jungen über seinen baldigen Tod zu sprechen.
Wie ein „medizinischer Bremsklotz“
Dass er sterben wird, das hat Oskar sozusagen zwischen Tür und Angel erfahren. Wirklich gesagt hat es ihm niemand. Er fühlt sich als „medizinischer Bremsklotz“, bei dem die geballte Heilkunde der Doktoren Düsseldorf, Popcorn und Bacon jämmerlich versagt. Rosa bringt Oskar auf die Idee, dem lieben Gott zu schreiben und jeden ihm verbleibenden Tag wie zehn Jahre zu erleben.
In 13 wunderbaren, unsentimentalen und eigentümlich erwachsenen Briefen auf du und du mit Gott schreibt sich der kleine Junge alles von der Seele, was ihn bewegt. In der knappen Zeit, die ihm noch bleibt, den wenigen Tagen zwischen dem 18. und dem 31. Dezember, seinem Todestag, erfüllt sich so ein ganzes Menschenleben.
Anders als der Flaschengeist in Aladins Wunderlampe, kann Gott Oskar nicht drei, sondern nur einen Wunsch am Tag erfüllen. Auch sind es nicht Reichtum und Macht, die Gott schenkt. Es sind Erlebnisse wie die hauchzarte Liebe zu Peggyblue, die auch im Krankenhaus liegt, die Oskar tapfer vor nächtlichen Gespenstern beschützt und die er heiratet – sozusagen im Traum und doch sehr real.
Schauspielerische Glanzleistung
Er weiß, dass er sie nie mehr wiedersehen wird, als sie nach einer Operation gesund nach Hause gehen kann. Und doch erfüllt sich diese Liebe wie eine Blume, die an einem Tag erblüht und wieder verwelkt. Oskar erfährt, dass Gott ihn nur in Gedanken besuchen kann, obwohl er in der Kapelle wohnt, und spürt bei diesem Besuch das Leben in ungeahnter Intensität.
Und er lernt, dass alle sterben müssen, dass alle Angst haben, das zu verlieren, was sie am meisten lieben, und dass seine Eltern deshalb nicht imstande sind, mit ihm zu sprechen.
Dorothee Jakubowski gelingt in dem Ein-Personen-Stück eine schauspielerische Glanzleistung. Mühelos schlüpft sie in wechselnde Rollen, lacht dröhnend, wenn sie als Madame Rosa von ihrem Kampf mit Flutschi-Flutsch, der Catcherin mit dem eingeölten Körper, berichtet, und wird ganz leise, ganz still bei Oskars innigem Zwiegespräch mit Gott.
Lachen erlaubt
Schauspielerin und Regisseurin tauchen die Zuschauer in ein intensives Wechselbad der Gefühle und entgehen zugleich der latenten Gefahr, ins Rührselige abzugleiten. „Oskar und die Dame in Rosa“ - zum Weinen schön. Doch Lachen ist ausdrücklich erlaubt.